Im Verlaufe dieses Jahres erfüllen sich dreizehn
Jahrhunderte seit dem Tode des heiligen Papstes Gregor, des ersten dieses Namens. (...) Bedeutsam sind diese Ermunterungen, die wir Gregor
verdanken. Jene, an die sie einst gerichtet waren, leisteten ihnen auch
Gehorsam. Während Völker und Fürsten ihnen ein williges Ohr liehen, kehrte die
Welt auf der Bahn des wahren Heiles zurück und eilte einer glänzenden und
glücklichen Zeit der Gesittung entgegen, die um so größer war, je kräftigere
Grundlagen sie schützten. Jetzt wurden die geistigen Kräfte wieder würdig
eingesetzt, die gute Sitte blühte wieder auf; die göttliche Offenbarungslehre
und die Gebote des Neuen Bundes gaben ihr alle Stärke.
Die Völker jener Zeit waren wohl roh, ungebildet und
ungesittet, aber sie verlangten nach Leben. Das aber konnten sie nirgends
empfangen als bei Christus in der Kirche: Ich bin gekommen, dass sie das Leben
haben und es in Fülle haben (Joh 10,10). Und wahrlich, sie fanden das Leben,
und zwar in reichem Strome. Denn wenn von der Kirche nur übernatürliches Leben
ausgehen kann, so enthält dies doch auch in sich die Lebenskräfte der
natürlichen Ordnung und bringt sie zur Entfaltung. Ist die Wurzel heilig, sagt
Paulus zu den Heiden, dann sind es auch die Zweige; du aber bist als wilder
Ölbaum eingepfropft in jene und teilhaftig geworden der Wurzel und der
Fettigkeit des edlen Ölbaumes (Röm 11,16-17).
Unser Jahrhundert genießt den Segen der christlichen
Bildung in einem Maße, dass es in keiner Weise mit dem Zeitalter Gregors
verglichen werden kann. Aber es scheint, als wolle es des Lebens überdrüssig
werden, aus welchem vor allem, ja oft ganz allein so viele Güter nicht nur der
Vergangenheit, sondern auch der Gegenwart zu erklären sind.
Aus der Enzyklika "Jucunda Sane" vom hl. Pius X., vom 12. März 1904
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen